Kindeswohlgefährdung erkennen

Hier finden Sie die Antworten auf die folgenden Fragen:
  • Welche Arten von Kindeswohlgefährdung gibt es?
  • Allgemeine Anzeichen von Kindeswohlgefährdung oder Missbrauch
  • Anzeichen für körperlichen Missbrauch
  • Anzeichen für emotionalen Missbrauch
  • Anzeichen für sexuellen Missbrauch
  • Anzeichen für Vernachlässigung
  • Was Lehrkräfte bei Anzeichen von Kindeswohlgefährdung tun sollten

Welche Arten von Kindeswohlgefährdung gibt es?

Kindeswohlgefährdung beschränkt sich nicht unbedingt nur auf körperliche Gewalt gegen ein Kind oder einen Jugendlichen. Sie umfasst jede Art von Missbrauch durch einen Erwachsenen, die gewaltsam oder bedrohlich für das Kind ist, einschließlich jeder Form von Vernachlässigung.

Man kann zwischen verschiedenen Arten von Kindeswohlgefährdung unterscheiden, nämlich körperlichem Missbrauch, emotionalem Missbrauch, sexuellem Missbrauch und Vernachlässigung. Diese werden im Folgenden erläutert:

Körperlicher Missbrauch ist jede absichtliche körperliche Schädigung eines Kindes, die von einem Elternteil oder einer anderen Person verursacht wird.
Emotionaler Missbrauch umfasst Handlungen oder Worte von Eltern oder anderen wichtigen Erwachsenen, die das Selbstwertgefühl oder das emotionale Wohlbefinden eines Kindes schädigen. Dazu gehören Dinge wie ständige Kritik, Anschreien, Ignorieren der Bedürfnisse des Kindes oder soziale Isolation.
Sexueller Missbrauch wird definiert als jede sexuelle Handlung, die an, mit oder vor einem Kind oder Jugendlichen gegen seinen Willen oder ohne dass es in der Lage ist, bewusst zuzustimmen, vollzogen wird.
Vernachlässigung bedeutet, die grundlegenden Bedürfnisse eines Kindes nicht zu erfüllen, einschließlich angemessener Nahrung, Kleidung, Unterkunft, medizinischer Versorgung, Bildung und Aufsicht. Imstichlassen kann ebenfalls als eine Art von Vernachlässigung betrachtet werden. Vernachlässigung kann verschiedene Formen haben (körperliche Vernachlässigung, emotionale Vernachlässigung, Vernachlässigung der Aufsichtspflicht oder Sorgepflicht).

Allgemeine Anzeichen von Kindeswohlgefährdung oder Missbrauch

Wenn Sie Kindern und Jugendlichen helfen möchten, die Missbrauch oder Vernachlässigung erfahren (haben), müssen Sie zunächst in der Lage sein, die Anzeichen davon zu erkennen, da diese möglicherweise nicht immer sichtbar oder offensichtlich sind. Außerdem ist es wichtig zu beachten, dass ein Anzeichen nicht unbedingt bedeutet, dass ein Schüler/eine Schülerin missbraucht wird, da auch andere Dinge geschehen könnten, die ihre Persönlichkeit oder ihr Verhalten beeinflussen. Es ist jedoch ratsam, wiederholte Vorkommnisse oder eine Kombination verschiedener Hinweise im Auge zu behalten.

Im Allgemeinen können die Anzeichen dafür, dass ein Kind missbraucht wird, je nach Art des Missbrauchs variieren. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige häufige Warnsignale zur Verfügung, die darauf hinweisen könnten, dass etwas Beunruhigendes im Leben eines Schülers geschieht.

Bitte beachten Sie, dass die folgenden Listen keine Vollständigkeit garantieren

  • Kleidung tragen, die ihren ganzen Körper bedeckt, selbst wenn es draußen warm ist
  • Ängstlichkeit (auch ungewöhnliche Ängste)
  • plötzliche und unerklärliche Veränderungen im Verhalten, in der Persönlichkeit oder in der schulischen Leistung
  • unerklärliche Lernprobleme/Konzentrationsschwierigkeiten
  • Aggressivität oder rebellisches Verhalten
  • weglaufen/vermisstwerden
  • sich isolieren oder sehr passiv sein
  • mangelnde soziale Fähigkeiten
  • keine oder sehr wenige Freundschaften
  • schlechte Beziehungen zu einem oder beiden Elternteilen
  • Vermeidung, sich in der Nähe einer bestimmten Person aufzuhalten
  • Wissen über Erwachsenenthemen, für die sie zu jung sind (z.B. Sex oder Drogen)
  • übermäßig wachsam oder vorsichtig sein
  • nicht nach Hause gehen wollen (z. B. früh kommen, lange bleiben)
  • übermäßig wachsam oder vorsichtig sein
  • äußern, dass sie missbraucht werden
Die folgenden Listen bieten eine Orientierungshilfe für potenzielle Anzeichen, die auf verschiedene Arten von Missbrauch hindeuten können.

Ein Kind, das die folgenden Anzeichen zeigt, könnte Opfer von körperlichem Missbrauch sein:

  • scheinbar Angst vor seinen Eltern haben/nicht nach Hause gehen wollen
  • unerklärliche Verletzungen einschließlich Blutergüssen, Verbrennungen, Narben, Bissen, gebrochenen Knochen und blauen Augen (insbesondere nach Schulabwesenheit)
  • Aggressivität
  • Angst
  • depressive Stimmung
  • Rückzug
  • klein machen/“zusammenschrumpfen”, wenn es von Erwachsenen konfrontiert wird
  • Veränderungen im Essverhalten
  • sich über Verletzungen äußern, die von seinen Eltern oder anderen Erwachsenen verursacht wurden

Ein Kind, das die folgenden Anzeichen zeigt, könnte Opfer von emotionalem Missbrauch sein:

  • nicht in der Lage sein, emotionale Bindungen zu anderen aufzubauen
  • anhaltende Traurigkeit, schlechte Laune, Hoffnungslosigkeit, negative Gedanken
  • Suizidgedanken
  • altersunangemessenes Verhalten zeigen, indem sie viel zu reif (z. B. andere Schüler*innen erziehen) oder sehr kindlich sind
  • Verzögerung in der emotionalen oder körperlichen Entwicklung
  • verzweifelte Suche nach Zuneigung
  • Aggressivität
  • extreme Passivität

Ein Kind, das die folgenden Anzeichen zeigt, könnte Opfer von sexuellem Missbrauch sein:

  • nicht zur Schule gehen wollen, scheinbar ohne erkennbaren Grund
  • Probleme beim Gehen/Sitzen haben
  • Veränderungen im Essverhalten/Appetitverlust
  • vermisst werden/weglaufen
  • Bericht über Albträume oder Bettnässen
  • sehr schnelle Bindungen zu Fremden aufbauen
  • Schwangerschaft (insbesondere unter 14 Jahren)
  • ungewöhnliches und altersunangemessenes Wissen/Verhalten zeigen
  • Schwierigkeiten haben, sich im Unterricht zu konzentrieren
  • körperliche Probleme, die durch emotionalen Stress verursacht werden
  • äußern, dass sie von einem Elternteil oder anderen erwachsenen Personen missbraucht werden

Ein Kind, das die folgenden Anzeichen zeigt, könnte vernachlässigt werden:

  • Anzeichen von Alkohol- oder Drogenmissbrauch
  • keine angemessene Kleidung für das Wetter tragen
  • häufige Abwesenheit von der Schule
  • fehlende notwendige medizinische Versorgung oder Vorsorge
  • um Essen/Geld betteln
  • berichten, dass niemand zu Hause ist, der sich um es kümmert

Was Lehrkräfte bei Anzeichen von Kindeswohlgefährdung tun sollten

Wenn Sie Anzeichen von Missbrauch oder Vernachlässigung bei einem Schüler/einer Schülerin erkennen, hochriskante Situationen identifizieren oder vermuten, dass ein Kind verletzt wird, sind dies wichtige Hinweise, um das Wohlbefinden des Schülers/der Schülerin zu schützen. Um Ihre Verdachtsmomente zu melden, befolgen Sie das Schutzverfahren Ihrer Schule. Der erste Schritt besteht darin, sich mit diesem Verfahren vertraut zu machen und die zuständige Person zu identifizieren, die Sie an Ihrem Arbeitsplatz kontaktieren können. Beachten Sie, dass diese Kontaktperson von Schule zu Schule variieren kann. Auf diese Weise schützen Sie das Kind und unterstützen die Familie, die Hilfe erhält, die sie benötigt. Für weitere Informationen darüber, wie und wo Sie einen Bericht erstatten können, wenden Sie sich bitte an die örtlichen Jugendamt- oder Polizeibehörden (Sie finden hilfreiche Links und Kontaktdaten weiter unten).

Hier sind einige allgemeine Tipps:


  1. Kennen Sie die Anzeichen: Machen Sie sich mit den körperlichen, verhaltensbezogenen und emotionalen Anzeichen von Missbrauch und Vernachlässigung vertraut (wie Sie es gerade jetzt tun).

  2. Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl: Wenn Sie Bedenken hinsichtlich des Wohlbefindens eines Schülers/einer Schülerin haben, vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl und nehmen Sie dieses ernst. Selbst subtile Anzeichen können bedeutende Indikatoren für potenziellen Missbrauch sein.

  3. Beobachten Sie Interaktionen: Achten Sie darauf, wie die Schüler*innen mit ihren Altersgenossen und Erwachsenen interagieren. Beachten Sie ungewöhnliche Verhaltensweisen wie übermäßige Aggressivität, Rückzug oder Vermeidung bestimmter Personen.

  4. Dokumentieren Sie Bedenken: Führen Sie detaillierte Aufzeichnungen über Beobachtungen, Gespräche oder Vorfälle, die Bedenken hinsichtlich möglicher Kindeswohlgefährdung aufwerfen. Dokumentieren Sie Daten, Uhrzeiten und spezifische Verhaltensweisen oder beobachtete Verletzungen.

  5. Aktiv zuhören: Schaffen Sie eine unterstützende Umgebung, in der sich die Schüler*innen wohl fühlen, ihre Erfahrungen zu teilen. Hören Sie aktiv auf ihre Bedenken und nehmen Sie alle Hinweise auf Missbrauch oder Vernachlässigung ernst. Versichern Sie ihnen, dass Sie da sind, um zu helfen, und dass sie nicht schuld sind.

  6. Befolgen Sie die Meldungsverfahren: Machen Sie sich mit den Meldungsverfahren Ihrer Schule für den Verdacht auf Kindeswohlgefährdung vertraut. Melden Sie alle Bedenken an den zuständigen Kinderschutzbeauftragten oder die Behörden gemäß den lokalen Gesetzen und Richtlinien. Indem Sie Ihre Bedenken melden, machen Sie keine Anschuldigung, es kann vielmehr als Ansatz für eine weitere Untersuchung oder Bewertung durch Fachleute angesehen werden, um zu entscheiden, ob Hilfe erforderlich oder ratsam ist.

  7. Wahrung der Vertraulichkeit: Respektieren Sie die Privatsphäre des Schülers/der Schülerin und der Familie, während Sie sicherstellen, dass notwendige Schritte unternommen werden, um die Situation zu klären. Teilen Sie Informationen nur nach dem Bedarf und vermeiden Sie es, Verdachtsmomente mit anderen Kolleg*innen oder Schüler*innen zu besprechen.

  8. Unterstützung anbieten: Bieten Sie Unterstützung und Ressourcen für Schüler*innen an, die Ihnen anvertrauen, dass sie Missbrauch oder Vernachlässigung erfahren oder die ein hohes Stresslevel zeigen. Verbinden Sie sie mit Schulpsycholog*innen, Sozialarbeiter*innen oder externen Agenturen, die Hilfe und Unterstützung anbieten können.

  9. Bildung: Bleiben Sie über die Gesetze, Richtlinien und Ressourcen in Bezug auf Kinderschutz und Meldung in Ihrer Region informiert. Nehmen Sie an Schulungen oder Workshops zur Erkennung und Reaktion auf Kindeswohlgefährdung teil.

  10. Zusammenarbeit mit anderen: Arbeiten Sie eng mit anderen Schulmitarbeitenden, wie Berater*innen, Verwaltungsmitarbeitenden und Unterstützungspersonal zusammen, um Bedenken zu klären und eine koordinierte Reaktion auf vermutete Missbrauchsfälle sicherzustellen.


Denken Sie daran, dass Sie als Lehrkraft eine wichtige Rolle bei der Identifizierung und Bekämpfung von Kindeswohlgefährdung spielen. Ihre Wachsamkeit und proaktive Herangehensweise können dazu beitragen, schutzbedürftige Schüler*innen zu schützen und ihre Sicherheit und ihr Wohlbefinden zu gewährleisten.

Professionelle Unterstützung


Adressen von Fachberatungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie über das Hilfeportal Sexueller Missbrauch:
www.hilfe-portal-missbrauch.de

Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch Anrufen - auch im Zweifelsfall: 0800 22 55 530

Infoseite der Polizei: polizei-beratung.de/themen-und-tipps/gewalt/kindesmisshandlung/tipps